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Bernardo Ashetu. Ein Außenseiter aus Suriname wird allmählich entdeckt

Bernardo Ashetu (Pseud. von Henk van Ommeren), geboren 1929 in Paramaribo (Suriname), war Sohn des Arztes und späteren Vorsitzenden der Surinamischen Nationalstaaten (Parlament) Hendrik van Ommeren und Juliette Nassy. Damit Vater Hendrik das Medizinstudium abschließen konnte, zog die Familie in die Niederlande, aber Mutter Juliette und Sohn Henk mussten vor den Nazis nach Paramaribo fliehen, während Vater Hendrik in den Niederlanden zurückblieb.

Bernardo Ashetu 1929-1982

Gegen den Willen seines Vaters, der größeres mit ihm vorhatte, wurde Ashetu Schiffsfunker. Nach dem Krieg fand der abgemusterte Marconist eine Stelle bei Radio Holland, IJmuiden. Vater van Ommeren, ein sehr dominanter Mann, verachtete gleichermaßen den Funker und den Dichter Ashetu. Es wird vermutet, dass diese Verachtung der Grund war, dass Ashetu nach dem ersten Dichtband “Yanacuna” (1959) keine Zeile mehr veröffentlichte. Er blieb also beinahe völlig unbekannt.  “Yanacuna” erhielt sogar eine Einleitung von Cola Debrot, dem bekannten Schriftsteller und späteren Gouverneur der niederländischen Antillen, aber vergebens. In Ashetus Nachlass wurden nicht weniger als 29 unveröffentlichte Bände gefunden.
Die Verachtung seines Vaters und die Probleme einer buntgemischten Gesellschaft hatten wohl eine ungünstige Wirkung auf Ashetus labile Psyche und er musste sich in psychiatrische Behandlung begeben. Nach einem zurückgezogenen Leben starb er 1982 an Darmkrebs.
Erst in letzter Zeit wird Ashetus Gedichten mehr Aufmerksamkeit geschenkt. 2007 erschien eine Auswahl aus den Arbeiten “Dat ik zong” (“Dass ich sang”), ausgewählt durch Gerrit Komrij und 2011 eine ausführliche Anthologie durch Michiel van Kempen, Professor für niederländisch-karibische Literatur an der Uni Amsterdam, “Dat ik je liefheb” (“Dass ich dich liebe”). Van Kempens Nachwort “‘Ik ben een neger” poezie als graf voor Surinaamse demonen”‘ habe ich im Übrigen viel Material für diese Post entnommen.

Liebhaber der niederländischen Poesie denken unweigerlich an Slauerhoff, den anderen Seemann und Schiffsarzt (das wäre eher nach dem Geschmack von Vater van Ommeren gewesen), der auch auf Süd-Amerika fuhr. Slauerhoffs Gedicht “O Enjeitado” endet mit den Zeilen

Auch mich hat der Wahn überkommen;
Auch ich hab’ entdeckt und genommen,
Der ich später alles verlor,
Um an des trägen Stromes Saum
Am Grab des grandiosen Traums
Zu sterben: “tudo é dor”.
Auch Ashetu besuchte Portugal. “Tudo é dor” und am Ufer des Tejo zu sterben waren Motive, die ihn ansprachen und von ihm benutzt wurden. “Enjeitado” bedeutet “Findelkind”, und vielleicht fühlte der von seinem Vater verachtete Ashetu sich so. Auch der Titel des ersten Dichtbandes, (“Yanacuna”, in Sranantongo, d.h. im Surinamischen: Yana – weit weg, Spanisch: Cuna – Wiege, in van Kempens Interpretation) könnte in diese Richtung weisen.
Es gibt andere Außenseiter, an die Ashetus Kunst mich erinnert, z.B. Lodeizen und Achterberg, beide Meister darin, mit Alltagswörtern rätselhafte Spannung hervorzurufen, oder van Schagen und Noordstar, die in ihren Gedichten auf “Poesie” verzichteten und dementsprechend erst viel später Anerkennung fanden. Buddingh’s Glosse:

Wie das Blatt sich wenden kann

um 1936
lasen wir alle
begeistert und voller Ehrfurcht
Marsman und Slauerhoff
jetzt, dreißig Jahre später,
dreißig Jahre weiser,
halte ich es lieber mit
Noordstar und van Schagen.

(C. Buddingh’, Gedichten 1938-1970)
Übersetzung Jaap Hoepelman, April 2019
könnte man getrost um “Bernardo Ashetu” erweitern.

Marcel

Er schlich sich auf Spitzen von
hellen Schleichern vom Dach

Seine Sitten waren erquicklich leicht.

Er stürzte auf rote Steine
bei klarem Winterwetter
und niemand verstand den fremden
Pfau bei seiner teuren Beerdigung.

Nur Gott.
Und dies war der süße Marcel.

Marcel

Übersetzung Jaap Hoepelman, Juli 2020

Bring Blumen

So sprach der Wind,
so das Wasser und
so dunkel waren die
Wolken nie gewesen.
Ein weißer Vogel flog scheu,
flog aufgeschreckt, flog trunken zur Küste
während der Jüngling
auf dem ächzenden Schiff hastig
schrieb,
bring Blumen, schrieb er,
bring Blumen auf das Grab
von dem, der nicht mehr ist.
Breng bloemen

Übersetzung Jaap Hoepelman, Juli 2020 

[van de blogspot van Jakob Hoepelman, 18 juli 2020]

2 comments to “Bernardo Ashetu. Ein Außenseiter aus Suriname wird allmählich entdeckt”

  • En hierbij een oproep: is er iemand die beschikt over Septentrion 33 / 1, uit 2004? Daarin moet en Franse vertaling staan van Ashetu’s gedicht Marcel. Dat blad zou ik graag willen zien. Bij voorbaat dank.

  • Tudo e dor = alles is pijn (Alles ist Schmerz)

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